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Besuch bei Moby Dick

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Schon als Kind haben mich Bücher und ihre Geschichten fasziniert, deshalb sind Buchläden für mich mehr als Geschäfte, sondern besondere Orte mit Schatztruhen voller Phantasie. Auf meiner Nah-bei-Dir-Tour habe ich zusammen mit BVV-Kandidatin Kathrin Kammermeier den Buchladen Moby Dick im Prenzlauer Berg besucht. Wir wollten wissen, wie es dem kleinen Laden geht und wie es ist, im digitalen Zeitalter einen Buchladen zu betreiben.

Begrüßt wurden wir von Heike Röminger und Ingo Herrmann. Auf meine erste Frage nach dem Corona-Jahr antworteten beide mit einem Lächeln, denn trotz Lockdown war im Laden immer etwas zu tun. Wirtschaftlich lief das Jahr sogar so gut, dass zwei neue Mitarbeitende eingestellt wurden, um den Ansturm zu bewältigen. Während des Lockdowns durften die Buchläden in Berlin nämlich weiterhin geöffnet sein und die Menschen hatten offenbar viel Zeit zum Lesen. Frau Röminger sprach von einem Wechsel der Kundenstruktur, denn in dieser Zeit kamen auch viele jüngere Menschen im Altern von 20 bis 30 Jahren, um sich neuen Lesestoff zu besorgen. Beide berichteten uns aber auch, dieser Effekt sei ein besonderer. Vor der Corona-Pandemie gab es in der Stargarder Straße eine funktionierende und lebendige Straßengemeinschaft der kleinen Läden. Viele der Gewerbetreibenden hatten während der Schließungen sehr große Probleme und manche mussten schließen – teilweise aber mit zeitlicher Verzögerung. Darum sorgt man sich in der Straße, dass es noch mehr Läden trifft.

Bei Moby Dick hingegen ist weiterhin sehr viel los. Oft kommen Eltern mit Ihren Kindern, denn der Laden hat einen klaren Schwerpunkt im Bereich Kinder und Jugendliteratur. Herr Herrmann erzählte uns, dass es manchmal schwierig sei, den Eltern zu erklären, dass jedes Buch besser ist als keins. Oft kaufen Eltern keine Comic-Bücher, weil darin so wenig Text ist, oder sie scheuen bestimmte Themen, damit die Kinder nicht auf „dumme Gedanken“ gebracht werden. Bücher müssen den Kindern aber auch Spaß machen, darum rät Herr Hermann auch mal davon ab, ein bestimmtes Buch zu kaufen, wenn es nicht zum Kind passt. Alles hat seine Zeit und so bleibt z. B. auch die Geschichte von Tom Sawyer mal im Regal stehen. Er rät auch davon ab, Bücher umzuschreiben, damit sie sprachlich politisch korrekt sind, denn darunter leiden die Geschichten und auch Leseförderung wird schwieriger. Das Rezept von Herr Herrmann, um Kinder für Bücher zu begeistern, lautet Gelassenheit. Früher oder später finden Buch und Kind zusammen, das ist seine Erfahrung.

Um Angebote zu schaffen, damit Kinder herausfinden können, was ihnen gefällt, arbeitet Moby Dick mit einigen Schulen zusammen. Von der Ausstattung von Schulbibliotheken über Buchgeschenke für Einschülerinnen und Einschüler bis hin zu Lesetüten weiß Frau Röminger vieles zu berichten.

Doch trotz allem gibt es natürlich auch hier offene Wünsche, denn es fehlen auf dem Straßenabschnitt Sitzgelegenheiten und Mülleimer. Grade für die Kundinnen und Kunden von Moby Dick wäre es toll, wenn sie das frisch gekaufte Buch direkt anfangen könnten zu lesen und dafür eine Bank bereitstehen würde. Außerdem gibt es ein Herzensprojekt, das jedes Jahr von der Straßengemeinschaft organisiert wird: die Weihnachtsbeleuchtung in der Stargarder Straße. Der Wermutstropfen an dieser sehr beliebten Aktion ist allerdings das immer wieder komplizierte Genehmigungsverfahren. Der Antrag kostet unterschiedlich viel, wenn man ihn per Papier oder per E-Mail stellt und das Verfahren ist sehr aufwendig. Dabei installiert die Straßengemeinschaft die Beleuchtung selbst. Das ruft immer wieder Unmut hervor. Hier zeigt sich einmal mehr, dass Verwaltung einen Serviceschub braucht, damit solche Initiativen erhalten bleiben, um in der dunklen Jahreszeit für freundliches Licht zu sorgen.

Frau Röminger und Herr Herrmann setzten sich mit ihrem Laden auch für die Kiezkultur ein. Sie sind Anlaufpunkt für Schulkinder, die mal ihren Schlüssel vergessen haben, nehmen mal ein Paket für die Nachbarn und haben ein offenes Ohr für die Menschen hier im Kiez. Auch darum machen sie sich Sorgen um die geplante Umgestaltung der Verkehrsführung in der Stargarder Straße und hätten sich gewünscht, dass das Konzept dafür im Kiez gezeigt worden wäre. So, wie es jetzt werden soll, bedeutet es Verkehrschaos vor der Haustür von Moby Dick. Wir haben zugesagt, uns die Pläne dazu noch einmal anzusehen, damit aus der abwechslungsreichen Straße keine Dauerstaustraße wird. In diesem Jahr wird die Gewerbegemeinschaft in ihrer Straße 10 Jahre alt und feiert das mit einer Foto-Rallye und einem Gläschen Sekt. Wir sagen: herzlichen Glückwunsch!