Zum Abschluss der Nah-bei-Dir-Tour haben wir noch einmal einen Stopp in Pankow-Süd gemacht. Zusammen mit Tillmann Wormuth, dem Abgeordnetenhauskandidat vor Ort, und BVV-Kandidatin Birgit Mickley besuchten wir einen Ort, an dem nicht nur über Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung gesprochen, sondern diese auch gelebt wird: KUNST-Stoffe Berlin e.V.
Worum es Frau Corinna Vosse und ihrem Mitarbeiter Pet hier geht, ist schnell klar. Die Zentralstelle für wiederverwendbare Materialien hat es sich zur Aufgabe gemacht, Abfälle zu vermeiden und Nutzungszyklen zu verlängern. Die Materialien, die hier verkauft werden, stammen von Künstlern, dem Messebau, Unternehmensauflösungen oder auch von Privatpersonen. Sie werden vom Verein abgeholt und als Material für neue Verwendungen zu niedrigen Preisen wieder abgegeben. Dabei wirken das Lager und die Materialausgabe in der Berliner Straße etwa wie ein Second-Hand-Baumarkt. Das Sortiment ist bunt und bietet von großen Holzplatten und Bühnenteilen über Stoffe, Büromaterialien, verschiedenste Holz- und Kunststoffartikel alles, was man sich vorstellen kann. Sogar Dia-Bildträger und alte Filmdosen haben wir bei unserem Besuch entdeckt.
Die Arbeit von Frau Vosse, die selbst eigentlich Künstlerin ist, wurde von einem ähnlichen Projekt inspiriert, das sie in den 1970er Jahren in den USA kennengelernt hatte. Ziel des Vereins KUNST Stoffe ist es, eine Infrastruktur für Kunst, Kultur und Bildung zu schaffen. Daher verbindet Frau Vosse die Materialausgabe auch mit Bildungsangeboten, um ihre Kundinnen und Kunden zu befähigen, aus alten Materialien etwas Neues zu machen. Außerdem kommen auch Schulklassen hierher, um zu erfahren, was man aus „Müll“ noch so alles machen kann.
Insgesamt hat der Verein drei Standorte in Berlin: einen im Haus der Statistik, einen in Neukölln und einen in Pankow. Der Verein finanziert sich aus dem persönlichen Engagement, der Kostenbeteiligung der Menschen, die hier Material erwerben, und aus Fördermitteln. Hier am Standort gibt es neben der Materialausgabe auch eine ausgestattete Holz- und eine Metallwerkstatt, die tage- oder stundenweise gemietet werden kann. In Neukölln und in Mitte gibt es neben einem Repair-Café auch Workshops, in denen die Teilnehmenden schweißen oder den Bau von Lastenfahrrädern erlernen. Auf dem Hof in Pankow steht auch ein solches Lastenrad. Es ist speziell für den Transport schwerer und sperriger Gegenstände gebaut und kann hier ausgeliehen werden.
In den 15 Jahren, die der Verein in Pankow aktiv ist, haben sie sich eine gewisse Bekanntheit vor Ort erarbeitet. Dennoch ist die Zukunft des KUNST Stoffe e.V. hier ungewiss. Die Mietverträge mit der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) laufen immer nur drei Monate; nicht genug, um über Instandsetzung des Gebäudes nachzudenken oder Zukunftspläne zu schmieden. Auch für Pet, der für Pankow zuständig ist, ist die Situation schwierig. Er kann von seiner Arbeit allein nicht leben. Einmal bereits musste der Verein auf demselben Gelände aus seinen Räumlichkeiten auf dem Hinterhof in das Vorderhaus umziehen. Der Grund waren damals Parkplätze, die geschaffen wurden. Da der Ort, an dem der Verein sich niedergelassen ist, ein sogenannter Vorhaltestandort für eine Kita ist, droht jederzeit die Kündigung. Allerdings eignet sich das Areal auf den ersten Blick nicht für eine Kita. Daher werden wir prüfen, ob der Bedarf für eine Kita an diesem Ort immer noch besteht oder ob es nicht einen geeigneteren Standort gibt. Gut vorstellen können wir und auch Frau Vosse uns hier aber ein sogenanntes Zero-Waste-Zentrum, der sich hier am Standort hervorragend mit Jugendarbeit verbinden lässt, denn die Lage ist für einen Jugendclub gut geeignet.
Wir wollen hier etwas entwickeln und das gemeinsam – für das nächste Kapitel Pankow.