Unterwegs auf zwei Rädern führte mich meine Nah-bei-Dir-Tour mit Tobias Kaudzun vom Netzwerk fahrradfreundliches Pankow, quer durch den Bezirk von Weißensee bis zum Mauerpark. Begleitet haben uns Linda Vierecke, die hier für das Berliner Abgeordnetenhaus kandidiert, sowie Roland Schröder und Katja Ahrens, die beide für die Pankower Bezirksverordnetenversammlung antreten.
Ja, in unserem Bezirk gibt es Radwege. Einige davon sind sogar richtig gut und lassen sich bequem nutzen. Allerdings sind das insbesondere große Hauptachsen in die Innenstadt. Was uns fehlt, sind sinnvolle tangentiale Verbindungen und das haben wir uns auf unserer Tour angesehen.
Unsere Radtour startete am Caligariplatz in Weißensee. Hier ist immer sehr viel los – auf dem Radweg und auch auf der Straße. Das ist der Grund, warum viele Eltern ihre Kinder nicht mit dem Fahrrad zur Schule fahren lassen, wie Tobias uns erzählt. Die Fahrradrouten entlang der Hauptverkehrsstraßen in Richtung Innenstadt eigenen sich oft nicht für Kinder. Lieferwagen, Müllwagen oder Krankentransporter halten zum Be- und Entladen auf den Radstreifen. Die Fahrradfahrenden müssen in den fließenden Verkehr ausweichen und laufen Gefahr übersehen zu werden – das ist grade bei Kindern sehr gefährlich. Die Konsequenz ist, dass Eltern ihre Kinder nicht mit dem Rad fahren lassen oder sie auffordern, auf dem Fußweg zu fahren. Hier entsteht aber gleich der nächste Konflikt, nämlich mit den Zufußgehenden, die die Gehwege richtigerweise für sich beanspruchen. Was hilft, ist ein Subnetz mit Fahrradwegen und Fahrradstraßen in die Kieze hinein. Das schafft mehr Ausweichmöglichkeiten für die Radfahrenden und entlastet die Routen.
An manchen Stellen haben sich bestimmte Routen schon selbst im Lauf der Zeit etabliert. So erzählt Tobias uns z. B. von der Charlottenburger Straße. Sie ist aufgrund ihrer geringen Breite nicht gut für den Autoverkehr aus zwei Richtungen geeignet und das hat sich herumgesprochen. Viele Anwohnende nutzen die Straße darum inzwischen mehrheitlich als Fahrradstraße und das funktioniert auch zusammen mit den Autos, die hin und wieder unterwegs sind, gut. Für ein sinnvolles Radwegenetz fehlt hier in Weißensee eine geeignete Verbindung von der Gustav-Adolf-Straße zur Berliner Allee – hier sollte die „gewachsene Fahrradstraße“ eine Rolle spielen.
Unsere Tour führte uns weiter zur Tino-Schwierzina-Straße. Hier fehlen für ein wirklich nutzbares Fahrradwegenetz die Verbindungen nach Lichtenberg im Osten und Reinickendorf im Westen des Bezirkes. Wir sprachen bei einem kurzen Stopp an der Kreuzung Treskowstraße auch über Möglichkeiten Verkehrsströme voneinander zu trennen. Damit ließe sich motorisierter Verkehr von Fahrrad- und Fußverkehr trennen. Das würde mehr Sicherheit für alle schaffen, funktioniert aber nur, wenn auch für die Buslinien Lösungen gefunden werden.
Im weiteren Verlauf kreuzten wir die Prenzlauer Promenade in Richtung –Neumannstraße. Hier zeigte sich, dass manche Fahrradrouten offenbar nicht genug durchdacht wurden. Die neue Ampel über die Prenzlauer Promenade verfügt zwar über breite Radstreifen, lässt allerdings eine Weiterfahrt gemäß den Vorgaben der Straßenverkehrsordnung nicht zu, weil bestimmte Richtungen nicht vorgesehen sind. Auch das bringt Radfahrende in Schwierigkeiten und sorgt für gefährliche Situationen. Über die Tiroler Straße ging es danach weiter vorbei am Brennerberg bis zum Mauerradweg. Unterwegs begegneten uns immer wieder kurios geschaltete Fahrradampeln, plötzlich endende Radwege und fehlende Querungsmöglichkeiten in der richtigen Fahrtrichtung.
Angekommen am Mauerradweg beobachteten wir eine Weile die Situation. Zurzeit wird der Weg täglich von rund 450 Radfahrenden genutzt. Noch reicht die Kapazität, aber wenn mehr Fahrräder unterwegs sind, dann kippt auch hier die Situation. Gesäumt von den im Sommer herrlich blühenden Zierkirschen ist der Weg auch eine sehr beliebte Spazierroute. Also ist es dringend nötig, zu überlegen, wie die Bedürfnisse beider Gruppen hier Berücksichtigung finden. Eine Möglichkeit wäre es z.B., für mehr Wegevielfalt mit unterschiedlichen Wegeanlagen zu schaffen. Außerdem sollte es für die verschiedenen Nutzungen auch unterschiedliche Beläge geben. An dieser Stelle kommt es aber zu einem Interessenkonflikt mit dem Landschaftsschutz, denn für die Versiegelung gibt es gesetzliche Regelungen. Ziel soll es sein, dass das Regenwasser dem Boden zu Gute kommt und nicht auf einer versiegelten Fläche versickert. Grade hier am Mauerradweg lässt sich dieser Effekt aber auch durch eine bauliche Neigung der Wegeanlagen erreichen. Darüber muss man sprechen, um geeignete Lösungen zu finden und die Wege attraktiv zu gestalten, damit sich mehr Pankowerinnen und Pankower aufs Fahrrad schwingen.
Diese Tour zeigt ganz deutlich, dass es wichtig ist, Fahrradnetze nicht nur vom Schreibtisch aus zu planen, sondern vor Ort. Es lohnt sich schon bei der Planung im Vorfeld zu überprüfen, welches die Wege sind, die die Menschen natürlich etabliert haben, denn das kann dazu beitragen, Trampelpfade und wilde Wege im Nachhinein zu vermeiden. Wir haben uns wieder mit Tobias verabredet, denn den ganzen Bezirk haben wir bei dieser Tour nicht geschafft. Nächstes Mal soll es um den Pankower Norden gehen. Hier fehlen große Teile der Fahrradinfrastruktur. Da wollen wir ran mit unseren starken Team für den Bezirk.